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Proteinreiche Lebensmittel wie Eier, Linsen, Quark und Huhn als gesunde Eiweißquellen für Muskelaufbau und Regeneration

Protein: Mythen, Fakten und die richtige Dosis für Gesundheit & Performance

Kaum ein Nährstoff sorgt für so viele Diskussionen wie Protein. In Fitnessstudios, auf Social Media und selbst im Supermarktregal wird Eiweiß als Schlüssel für Muskelaufbau, Abnehmen und Regeneration gehandelt. Doch während manche Menschen zu wenig Protein aufnehmen, schießen andere weit über das Ziel hinaus. Die Wissenschaft zeigt: Beide Extreme sind problematisch. In diesem Artikel entwirren wir Mythen, erklären die Grundlagen und liefern praxisnahe Empfehlungen, basierend auf aktueller Evidenz.

Was ist Protein eigentlich?

Proteine sind Moleküle, die aus Aminosäuren bestehen, den Grundbausteinen des Lebens. Sie sind unverzichtbar für:

  • Aufbau von Muskel-, Binde- und Knochengewebe

  • Enzyme, Hormone und Neurotransmitter (z. B. Adrenalin, Serotonin, Melatonin)

  • Immunsystem (Antikörper, Abwehrzellen)

  • Regeneration und Zellwachstum

Man unterscheidet zwischen:

  • Essentiellen Aminosäuren, z. B. Leucin, Lysin, Methionin. Der Körper kann sie nicht selbst herstellen, sie müssen über die Ernährung aufgenommen werden.

  • Nicht-essentiellen Aminosäuren, z. B. Alanin, Glutamin. Sie können im Körper synthetisiert werden.

Ein Schlüsselpunkt ist die Proteinqualität: Hochwertige Proteinquellen enthalten alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge und ein ausreichendes Leucin-Angebot, um die Muskelproteinsynthese zu aktivieren.

Warum ist Protein so wichtig?

Muskelerhalt & Sarkopenie

Protein ist die Grundlage für Muskelerhalt, v.a. relevant im Alter. Schon 5 Tage Bettruhe können bei über 65-Jährigen bis zu 20 % Muskelmasseverlust im Bein verursachen. Sarkopenie führt zu funktionellen Einschränkungen, Sturzrisiko und Pflegebedürftigkeit. Auch Jüngere profitieren: Der Schutz vor Muskelabbau sollte lebenslang Priorität haben.

Immunsystem & Stoffwechsel

Essentielle Aminosäuren sind Bausteine von Antikörpern und Immunproteinen. Auch Hormone und Neurotransmitter (z. B. Serotonin als „Glückshormon“) entstehen aus Aminosäuren. Zudem regulieren Proteine Stoffwechselprozesse, Entgiftung und Energiebereitstellung.

Knochen & Bindegewebe

Neben Calcium sind Proteine entscheidend für den Knochenstoffwechsel – und für Haut, Haare, Nägel.

Proteinbedarf – was die Studienlage sagt

Wichtig: Alles über 2,2 g/kg KG bringt keine zusätzlichen Effekte und kann metabolisch sogar kontraproduktiv sein (z. B. Glukoneogenese, Insulinsensitivität).

Protein und Sättigung – überschätzter Effekt?

Ja, Proteine stimulieren Sättigungshormone wie PYY und Leptin stärker als Kohlenhydrate oder Fette. Kurzfristig sinkt das Hungergefühl. Aber: Längerfristige Studien zeigen, dass dieser Effekt nach einigen Wochen abnimmt, vermutlich passt sich das Gehirn an die hohe Proteinzufuhr an. Fazit: Protein allein ist kein Wundermittel zum Abnehmen.

Risiken zu hoher Proteinzufuhr

Kurzfristig

  • Verdauungsprobleme, Mikrobiomveränderungen

  • „Keto-Breath“ (Ammoniakgeruch bei übermäßigem Protein + wenig KH)

  • Dehydration, Kopfschmerzen durch Harnstoffausscheidung

  • Hautprobleme, v. a. bei exzessivem Whey-Konsum

Langfristig

  • Nierenbelastungnicht bei Gesunden, aber kritisch bei Vorerkrankungen

  • Calciumverlust → Risiko Osteoporose, Nierensteine bei unzureichender Zufuhr

  • RED-S (Relative Energy Deficiency in Sport): Besonders bei Frauen, wenn Protein zu Lasten der Gesamtenergiezufuhr geht → Zyklusstörungen, Leistungsabfall. Warum chronische Müdigkeit oft tieferliegende Ursachen hat, habe ich hier erläutert.

  • Potenziell Arteriosklerose-Risiko bei überwiegend tierischem Protein (noch nicht abschließend belegt)

Verteilung und Timing – wie du Protein optimal nutzt

  • Gesamtdosis zählt: Entscheidend ist die Tagesbilanz, nicht die Uhrzeit.

  • Verteilung: 3–4 Mahlzeiten mit je 20–40 g Protein sind ideal für kontinuierliche Muskelproteinsynthese.

  • Leucin-Schwelle: ca. 2,5 g pro Mahlzeit nötig, um MPS maximal zu aktivieren.

  • Post-Workout: 20–40 g Protein in Kombination mit Kohlenhydraten fördert Regeneration.

  • Frühstück: Viele starten mit zu wenig Protein – Ziel: mind. 25–30 g.

Tierisch vs. Pflanzlich – was ist besser?

  • Tierisch: Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte → hohe biologische Wertigkeit, vollständiges Aminosäureprofil.

  • Pflanzlich: Hülsenfrüchte, Soja, Quinoa → oft unvollständig, aber durch Kombination (z. B. Getreide + Hülsenfrüchte) lässt sich ein vollständiges Profil erreichen. Neuere Studien zeigen: Auch rein pflanzlich kann Proteinbedarf für Muskelaufbau gedeckt werden, sofern Vielfalt und Kombinationslogik beachtet werden. Gerade für Veganer:innen ist die Vielfalt entscheidend: Je bunter und abwechslungsreicher die Pflanzenwahl, desto vollständiger das Aminosäureprofil. Mehr dazu, warum 30 Pflanzen pro Woche ein echter Boost für Darmgesundheit und Nährstoffversorgung sind, liest du hier.

Mythen im Alltag

  • „Max. 30 g pro Mahlzeit verwertbar“ → falsch. Der Körper verwertet auch größere Mengen, für MPS ist aber die Leucin-Schwelle entscheidend.

  • „Mehr Protein = mehr Muskeln“ → stimmt nicht. Limit durch Training & Genetik.

  • „Proteinshakes sind Pflicht“ → nur Ergänzung, nicht Basis.

  • „Zu viel Protein schadet den Nieren“ → für Gesunde unbegründet.

  • „Man kann nicht zu viel Protein essen“ → doch. Besonders bei Frauen riskant, wenn es die Energieaufnahme senkt → RED-S.

Praxis-Tipps

  • Handmethode: 1 Handfläche Protein pro Mahlzeit.

  • Proteinreiche Snacks: Skyr, Hüttenkäse, Edamame, Linsenwaffeln.

  • Rezepte: Overnight Oats mit Proteinpulver, Wraps mit Huhn & Quarkdip.

  • Tracking: Für Vieltrainierende eine Woche erfassen, um Gefühl zu entwickeln.

Fazit

Protein ist weder Allheilmittel noch Gefahrstoff. Wer Bedarf, Qualität und Timing beachtet, profitiert von besseren Muskelerhalt, Regeneration und Leistungsfähigkeit. Entscheidend ist die Balance: Zu wenig schwächt, zu viel kann schaden – optimal dosiert entfaltet Protein sein volles Potenzial.

Möchtest du wissen, ob deine Proteinzufuhr optimal ist?
Oft zeigt erst ein genauer Blick ins Ernährungstagebuch, ob Bedarf, Timing und Qualität passen. Ich unterstütze dich gerne mit:

  • Analyse deines Ernährungstagebuchs

  • individuellem Beispielplan (3–5 Tage)

  • oder einem 1:1 Coaching für nachhaltige Anpassungen

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